Wasserburg empfängt heute Abend den Regionalligisten Hankofen-Hailing im Toto-Pokal

Man sieht sich im Leben immer zwei Mal. Der TSV 1880 Wasserburg hat lange auf ein erneutes Treffen mit der SpVgg Hankofen-Hailing gewartet, doch die Verantwortlichen der Löwen wussten immer, dass sich die Wege beider Vereine auf sportlicher Ebene noch einmal kreuzen würden. Da die Niederbayern mittlerweile in der Regionalliga und die Löwen in der Landesliga spielen, musste der Toto-Pokal herhalten, wo es am heutigen Dienstag-Abend, 19 Uhr, an der Landwehrstraße also zum Wiedersehen kommt.

Unlängst entbrannte zwischen Wolfgang Kubicki und Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein Streit über die geheimen Corona-Protokolle des Robert-Koch-Instituts, in dem es um die Aufarbeitung politischer Entscheidungen während der Pandemie ging.

Auch im Amateurfußball gab es Entscheidungen, die weder veröffentlicht noch aufgearbeitet wurden. So auch diese, die sich am 19. November 2021 in der Bayernliga Süd abspielte und die Vorgeschichte dieses Pokalspiels darstellt. Alter Hut? Mitnichten.

Aufgrund zweier Corona-Fälle am Tag vor dem Auswärtsspiel bei Hankofen-Hailing bat der TSV 1880 Wasserburg seinen Kontrahenten damals um Verlegung des Spiels. Hankofen-Hailing kam diesem Wunsch nicht nach, da sie bereits 600 Wurstsemmeln gekauft und die Stadionzeitung gedruckt hatten. Zudem habe man selber bei Corona-Fällen immer gespielt. Angesichts der sich damals zuspitzenden Corona-Situation mit der Delta-Variante eine durchaus fragwürdige Argumentation, so die TSV-Abteilung – Ministerpräsident Markus Söder hatte kurz davor den Katastrophenfall für den Freistaat ausgerufen.

Die Lage auf den Intensivstationen wurde zu diesem Zeitpunkt derart prekär, dass am Wochenende des angesetzten Spiels zahlreiche Ärzte in Stadt und Landkreis Rosenheim medienwirksam vorm „Zusammenbruch der medizinischen Versorgung“ warnten. Den Löwen war diese Situation bewusst. Auch dem Bayerischen Fußballverband war diese Ausnahmesituation nicht entgangen, weshalb Amateurfußballspiele nicht auf Gedeih und Verderb durchgeführt wurden. Die Landesliga-Partie zwischen Holzkirchen und Eggenfelden wurde neu angesetzt, da Holzkirchen ein Schreiben des zuständigen Gesundheitsamts vorlegen konnte, welches empfahl die Begegnung nicht auszutragen. Das Spiel wurde daraufhin abgesagt und neu angesetzt. An diesem Präzedenzfall orientierte sich der TSV 1880 Wasserburg.

Die Löwen hielten Rücksprache mit dem Gesundheitsamt und fuhren nicht zum Auswärtsspiel – ein entsprechendes Schreiben wurde eingereicht. Das Schiedsgericht Bayern (SG) setzte daraufhin im Dezember 2021 die Begegnung neu an und lobte das vorbildliche Verhalten der Löwen.

Die Freude über die Neuansetzung währte nur kurz, denn im Februar 2022 wurde das Urteil des SG Bayern vom Verbands-Sportgericht kassiert. Begründet damit, dass die Löwen nichtsdestotrotz „eine spielfähige Mannschaft“ hätten stellen können. Zudem reichte dem Verbands-Sportgericht das Schreiben des Gesundheitsamts – von Hankofen-Hailing als „Gefälligkeitsschreiben“ bezeichnet – nicht aus.

Die Sprachwissenschaftler aus Niederbayern erkannten das „schon an der Formulierung“, das Verbands-Sportgericht folgte. Ohnehin hatte der gesamte Vorgang ein Geschmäckle: Die Spielvereinigung schrieb in ihrem Einspruch, dass sie „von verantwortlichen Personen des Bayerischen Fußballverbandes dazu aufgefordert“ wurden, Protest gegen das Urteil einzulegen. Die Löwen hingegen wurden erst auf Nachfrage über die Berufung informiert.

Als das neue Urteil eintraf, waren die Löwen schlichtweg perplex, dass das Schreiben eines Gesundheitsamtes zählte und das eines anderen keine Rolle spielte. Schlimmer noch: Das Spiel wurde mit 0:2 gewertet und darüber hinaus hatten die Löwen in der Liga fortan jeden direkten Vergleich verloren – eine Hypothek, die im Abstiegskampf schwer wog.

Und nun zum Sport heute:

Nach der ersten Saison-Niederlage am Samstag – wir berichteten – blieb den Löwen nicht lange Zeit, ihre Wunden zu lecken. Der Kader ist derzeit massiv ausgedünnt, so dass Trainer Florian Heller kaum rotieren kann.

Hankofen-Hailing konnte am Samstag bei Türkgücü München nach 0:2 noch ausgleichen und den ersten Punkt in der Regionalliga verbuchen. Der Meister der Bayernliga Nord hat in der Liga Probleme, weshalb abzuwarten bleibt, welchen Stellenwert Spielertrainer Tobias Beck dem Pokal beimisst.

Für die Innstädter wird das Kräftemessen mit dem Regionalligisten eine spannende Aufgabe. Während Kubicki übrigens Lauterbachs Rücktritt forderte, wollen die Löwen einfach nur die Sensation schaffen und eine Runde weiterziehen. Dann wäre der Geschichte genug Gerechtigkeit getan.

jah