52-Jähriger versuchte mit gefälschtem Pass Geld in Wasserburg abzuheben - Verhandlung vor Amtsgericht
Ein 52-jähriger Franzose stand dieser Tage vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Rosenheim. Ihm wurde vorgeworfen, mit Hilfe eines gefälschten Passes bei einer Wasserburger Bankfiliale 5.000 Euro vom Konto eines Kunden abgehoben zu haben. Nachdem der Franzose dann in einer weiteren Filiale im Altlandkreis Wasserburg das gleiche versucht hatte, wurde der Mann von der inzwischen alarmierten Polizei gestellt und verhaftet. Seither saß er in Untersuchungshaft und stand jetzt vor dem Richter in Rosenheim.
Mit zwei weiteren Tätern, beide kongolesischen Ursprungs, sei der Mann in einem grauen Ford von Belgien nach Wasserburg gefahren. In der Filiale einer Bank in der Stadt hätten die beiden Komplizen, von denen er keine Adresse und nur die Mobilfunktelefonnumern habe, vor der Bank auf ihn gewartet, sie hätten ihm einen gefälschten Pass eines Kunden der Bank gegeben, mit dem er sich habe ausweisen können und er sei beauftragt worden, 9.000 Euro vom Konto des Kontobesitzers abzuheben. Die beiden Komplizen hätten ihm dafür 20 Prozent der Beute versprochen.
In der Filiale in der Stadt Wasserburg habe dieser Betrug teilweise funktioniert, wenngleich die Bankmitarbeiterin ihm gesagt habe, dass ohne Voranmeldung nur maximal 5.000 Euro ausbezahlt werden dürften. So habe er die 5.000 Euro akzeptiert und die Bank wieder verlassen.
Daraufhin seien die drei Komplizen zu einer anderen Filiale der Bank im Altlandkreis Wasserburg gefahren und hätten das gleiche noch einmal versucht. Leider hatte die Bankangestellte der ersten Filiale zwischenzeitlich die Polizei informiert, die sofort aufgetaucht sei und den Mann verhaftet habe. Anschließend sei er in Untersuchungshaft gekommen.
So weit die Vorgeschichte. Im Prozess, der nunmehr vor dem Amtsgericht Rosenheim stattfand, gab es dazu zahlreiche Fragen. Der Besitzer des betroffenen Kontos ist Deutscher, das war der Bank bekannt. Der Angeklagte gab sich mit Hilfe eines gefälschten Passes des Kontobesitzers als Belgier aus und spricht seinerseits kein einziges Wort Deutsch.
Die beiden kongolesischen Komplizen konnten nie ermittelt werden. Die Polizei, die in Frankreich und Belgien Rechtshilfeersuchen gestellt hatte, um die Eigentümer der jeweiligen Mobilfunknummern ermitteln zu können, habe auf entsprechende Anfragen nie eine Antwort erhalten.
Ob die beiden kongolesischen Komplizen existieren oder ob sie eine Erfindung des Angeklagten waren, wurde vor Gericht nicht erörtert.
Kurz vor Beginn des Prozesses wurde der Angeklagte von zwei Polizisten vorgeführt. Er trug Fußfesseln und Handschellen, das ist die Regel, um die Fluchtgefahr zu bannen. Er trug eine cremefarbene Cordhose, dazu ein weißes Hemd und Krawatte, das ist für Angeklagte aus der Untersuchungshaft wohl eher unüblich. Als man ihm seinen Platz zuwies, setzte er sich hin und fing an, mit seiner rechten Hand wie wild den sauberen Tisch zu putzen. Kurz nach ihm betrat eine Dame den Gerichtssaal, die, wie man schnell erkennen konnte, wohl die Dolmetscherin sein sollte.
Es stellte sich heraus, dass der Angeklagte tatsächlich kein Wort Deutsch sprach. Da sein Verteidiger kein Französisch konnte, war die Verständigung zwischen Angeklagtem und Verteidiger auch nicht so ganz einfach, zumal auch die Dolmetscherin nicht immer sofort mit der richtigen Übersetzung aufwarten konnte.
Richterin Isabella Hubert fragte beim Angeklagten nach, was dessen persönliche Rolle in dieser Betrugsbande gewesen sei, worauf er recht weitschweifig antwortete, dass er immer ein Opfer gewesen sei in seinem Leben. Er habe Ungerechtigkeiten durch seine Frau erlebt, sie habe ihn immer geschlagen und ihn dann bei der Polizei angezeigt, dass er gegen sie gewalttätig geworden sei. Er sei ein Experte für Asbest, habe bis 2013 eine Firma mit mehreren Mitarbeitern geleitet, er habe das Unternehmen seither allein geführt, seit Januar 2024 sei er insolvent. Er verachte Diebstahl und Betrug, sei von solchen Taten regelrecht angewidert. Auch in seiner Familie habe er wiederholt massive Ungerechtigkeiten erfahren, das alles laste schwer auf ihm und er habe sich Wohlwollen seitens des Gerichts hier in Deutschland erhofft.
Angeklagte weiß nicht, wo er ist
Richterin Hubert wollte wissen was sei am Tattag genau passiert. Er gab den Diebstahl und den Betrug mit dem gefälschten Pass unumwunden zu. Seine beiden Komplizen hätten im Auto gewartet, er habe bei der Bankangestellten 9.000 Euro abheben wollen, die Bankangestellte habe dies abgelehnt mit dem Hinweis, dass Barabhebungen in einer Summe von mehr als 5.000 Euro mindestens einen Tag vorher angemeldet werden müssten. Das habe er akzeptiert und sei zu seinen Komplizen, die im Auto gewartet hätten, gegangen. Das war am späten Vormittag. Am frühen Nachmittag seien sie dann zu der anderen Filiale gefahren. Ob dieser zweite Bankbesuch vorher geplant gewesen sei, wollte Richterin Hubert wissen. Dies verneinte der Angeklagte und führte dann weiter aus, dass er bis heute nicht wisse, wo er eigentlich genau sei.
Er sei damals mit dem Auto mitgefahren, ohne zu wissen, wo es hingehe und er habe zu keinem Zeitpunkt eine Idee gehabt, wo es hingehen solle. Anschließend wollte die Richterin wissen, wie er sich denn gefühlt habe, als er in der Bank den Betrug umsetzte. Er habe doch gewusst, was er da tue, er habe gewusst, dass der Pass gefälscht war. Der Staatsanwalt hakte an dieser Stelle ein und fragte den Angeklagten, ob ihm das nicht komisch vorgekommen sei, dass er alleine in die Bank gehen sollte, nur um am Ende mit 20 Prozent von der Beute abgespeist zu werden.
Dieser Moment war das erste Mal, in dem der Gerichtssaal den Angeklagten sprachlos erlebte. Danach versuchte er, seine Worte wiederzufinden und gab dem Staatsanwalt recht. Ja, er habe darüber nicht nachgedacht, er war nur in der finanziellen Bedrängnis. Und er betonte, dass er furchtbar nervös gewesen sei.
Der zuständige Beamte der Polizei Wasserburg, der anschließend vernommen wurde, sagte aus, dass man beim Angeklagten mehrere Geld-Karten und Visitenkarten gefunden habe mit mehreren Namen und dass der Angeklagte zunächst versucht habe, sich mit einer falschen Identität auszuweisen. Von Komplizen habe die Polizei nichts wahrgenommen, der Angeklagte sei alleine gewesen. Auf die Frage nach dem PC des Angeklagten, wusste der Beamte nur zu antworten, dass man dies nicht untersucht habe.
Zum Abschluss bat der Angeklagte fast flehentlich darum, ihm gegenüber Wohlwollen zu zeigen. Er wiederholte, dass er Betrug und Diebstahl verabscheue und er so etwas nie wiederholen wolle. Dem Staatsanwalt, der ihm ein gerütteltes Maß an krimineller Energie vorgehalten hatte, widersprach er vehement und betrachtete diesen Vorwurf als Beleidigung.
Der Staatsanwalt forderte 2 Jahre und 10 Monate Haft für den Betrug und den Betrugsversuch, der Verteidiger forderte auch eine Haftstrafe, aber unterhalb eines Jahres und beantragte gleichzeitig, eine solche Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen.
Beim Schlusswort flossen die Tränen
Die Verhandlung dauerte bereits knappe vier Stunden, als der Angeklagte zu seinem Schlussowrt ansetzte. Eine gewerbliche Absicht oder eine kriminelle Energie habe er niemals besessen. Dies sei eine Beledidigung seiner Ehre. Und außerdem: 5.000 Euro seien für eine Bank nur ein Tropfen, wenn er daran danke, was ihm alles schon gestohlen worden sei. Alle Fragen der Polizei habe er beantwortet, er habe mit der Polizei gut zusammengearbeitet, aber die Polizei habe schlecht recherchiert. Und nun sei er in der Position der Schwäche. In diesem Moment wurde es still im Gerichtssaal. Der Angeklagte kämpfte mit den Tränen und konnte sich kaum noch auf sein Schlusswort konzentrieren. Immer wieder übermannten ihn die Tränen.
Er sprach dann doch, beklagte sich über die sexistische Justiz in Frankreich, unter der er zu leiden hatte. Als er in Wasserburg verhaftet worden sei, habe seine Familie geglaubt, er sei tot, weil niemand die Familie informiert habe. Ja, er habe einen Fehler gemacht, der sich nie wiederholen werde, aber er sei ein Opfer der Justiz. Dann stockt ihm wieder die Stimme. Die Richterin fragt ihn, ob er fertig sei und die Dolmetscherin bemüht sich um Übersetzung. Das Gericht unterbrach schlussendlich die Sitzung und vertagte sich auf einen weiteren Termin mit Urteilsverkündung. Und Letzteres fiel nicht gerade milde aus:
Das Gericht verurteilte den Mann zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung und zum Ersatz des erschlichenen Geldes von 5.000 Euro und den Kosten des Verfahrens. Das Gericht war zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte sich des bandenmäßigen Betrugs und der bandenmäßigen Urkundenfälschung schuldig gemacht habe, zumal er zugegeben habe, in der Bankfiliale in Wasserburg mit Hilfe eines gefälschten Passes das Geld erschlichen zu haben. Darüber hinaus habe er ein zweites Mal versucht, einen Geldbetrag zu erschleichen und sei dabei auf frischer Tat erwischt und verhaftet worden.
Und so wurde der Angeklagte wieder in Handschellen, Fußfesseln und mit Jackett und Krawatte ins Gefängnis zurückgebracht.
RP