Löwen-Coach: „Erste Halbzeit der beste Landesliga-Fußball, den ich seit langem gesehen habe“

Nur 168 Zuschauer wollten das Landesliga-Topspiel zwischen dem TSV 1880 Wasserburg und dem TuS Geretsried sehen. Aufgrund der hundsmiserablen Wetterbedingungen konnte man den Daheimgebliebenen ihre Absenz kaum verübeln, aber dieses Fußballspiel hätte eher 861 als 168 Zuschauer verdient gehabt. „Die erste Halbzeit war der beste Landesliga-Fußball, den ich seit langer Zeit gesehen habe“, bilanzierte Trainer Florian Heller (Foto) unabhängig vom Ergebnis.

Von der ersten Sekunde an gingen beide Mannschaften bei strömendem Regen auf einander los, versuchten spielerisch Lösungen zu finden und gingen keinem Zweikampf aus dem Weg. Für ein Landesligaspiel war die Intensität vor allem in den ersten 45 Minuten am Höhepunkt. Weder Spieler noch Zuschauer kamen zum Verschnaufen.

Schon nach sechs Minuten hatte Sebastian Schrills Torhüter Alexander Kuile umkurvt, sein Einschussversuch wurde aber von Dominik Brich von der Linie gekratzt. Nur wenig später gab Torjäger Srdan Ivkovic seinen ersten Warnschuss ab, doch Kuile konnte den tückischen Aufsetzer entschärfen (10.). Als in der 13. Minute auch Belmin Idrizovic Kuile mit einem Flachschuss zu einer Glanzparade zwang, war allen Löwen klar, dass die ligaweit gefürchtete Geretsrieder Offensive rollen würde. Das große Treffen der Landesliga-Torjäger fiel jedoch aus, da die Löwen die ganze Saison über bereits verletzungsbedingt auf ihre Stürmer Janik Vieregg und Robin Ungerath sowie den gesperrten Thomas Voglmaier verzichten müssen.

Da kurzfristig auch noch Topscorer Michael Barthuber passen musste, war mit Luca Wagner nur noch ein gelernter Mittelstürmer übrig, da Daniel Yordanov nach langer Verletzungspause noch nicht ganz fit ist. Doch Wagner bereitete Geretsried massive Probleme. Er war es auch, der sich in der 14. Minute durchtankte und an Cedomir Radic scheiterte, der Nachschuss von Jaume Rubio Gonzalez wurde zur Ecke geblockt. Aus dieser resultierte das 1:0. Leander Haunolders Stocherversuch auf der Linie wurde noch abgewehrt, doch Daniel Vorderwestner zog aus dem Rückraum ab und seine abgefälschte Bombe schlug unter dem Querbalken ein (14.). Rock ’n’ Roll pur in der Altstadt.

Geretsried reagierte mit wütenden Angriffen auf den Rückstand, den Ausgleich erzielten sie aber dank gütiger Mithilfe der Wasserburger Abwehr. Nach einer abgefangenen Freistoßflanke verlängerte Felix Breuer einen weiten Abschlag von Torhüter Radic direkt in den Lauf von Ivkovic, der aus spitzem Winkel den Ball ins lange Eck hämmerte (23.).

Nach 30 Minuten ereignete sich die Schlüsselszene der Partie. Der bereits verwarnte Kazuki Date rauschte Lindner in die Parade und hätte zwangsläufig mit Gelb-Rot vom Platz geschickt werden müssen. Schiedsrichter Lukas Penzkofer beließ es bei einer letzten Ermahnung, wodurch die Spieler an einen Freifahrtsschein glaubten und ihm die Spielleitung entglitt. Es wurde härter und hitziger, das Geschehen schaukelte sich immer weiter auf, bis der Vulkan unmittelbar vor der Pause eruptierte.

Robin Renger, der sich einst über Nacht aus Wasserburg verabschiedet hatte, beendete auch dieses Gastspiel an der Landewehrstraße 10 vorzeitig. Der Mittelfeldspieler kam gegen Josef Stellner zu spät, foulte ihn brutal – was zu einer Rudelbildung führte, in der sich Luca Wagner zu einem Rempler hinreißen ließ. Beide Spieler sahen die rote Karte. Das Problem: Wagner, der bis dahin beste Akteur, fehlte als letzter gelernter Stürmer den Löwen mehr, als Renger Geretsried.

Das Spiel blieb nach dem Seitenwechsel auf hohem Niveau, aber die Platzverweise hatten ihm die Magie geraubt. Im Zehn-gegen-Zehn nach der Pause ergaben sich mehr Räume, die Geretsried besser nutzte. Und wieder leisteten die Innstädter beim zweiten Gegentreffer ihren Beitrag. Nach einem Ballverlust im Mittelfeld ging es schnell, Ivkovic bedient Idrizovic und schon stand es 1:2 (48.). „Unsere Restverteidigung muss wieder besser werden“, bemängelte Lindner.

Wasserburg hatte in der Folge immer wieder kleinere Chancen, machte aber ständig den einen Haken zu viel anstatt rechtzeitig zu schießen. Gleichzeitig konnten sich die Hausherren bei Kuile bedanken, der zwei Alleingänge nach Kontern entschärfte und das Spiel lange offen hielt. Entschieden wurde die Begegnung 15 Minuten vor dem Ende durch einen direkten Freistoß von Idrizovic zum 1:3 (75.).

Wasserburg fehlte an diesem Abend aufgrund zahlreicher Ausfälle die Substanz, um vorne die nötige Wucht zu entwickeln. Die Gelb-Rote in der Nachspielzeit für Geretsrieds Mario Walker änderte an den Kräfteverhältnissen nichts mehr. Sie kam eine Stunde zu spät.

 

JAH / Foto L. BAUER

 

Wasserburg: Kuile, Stellner (ab 77. Pezo), Saur (ab 46. Kononenko), Lindner, Brich, Breuer (ab 65. Ferreira Goncalves), Höhensteiger, Rubio Gonzalez, Haunolder, Wagner, Vorderwestner (ab 77. Yordanov)

Tore: 1:0 Daniel Vorderwestner (14.), 1:1 Srdan Ivkovic (23.), 1:2 Belmin Idrizovic (28.), 1:3 Belmin Idrizovic (75.)

Rote Karten: Robin Renger (Geretsried, 44., grobes Foulspiel) – Luca Wagner (Wasserburg, 44., Tätlichkeit)

Gelb-rote Karte: Mario Walker (Geretsried, 92., wiederholtes Foulspiel)

Schiedsrichter: Lukas Penzkofer (SV Prackenbach)

Zuschauer: 168