Genclerbirligi Wasserburg steht wie kaum ein anderer Verein im Altlandkreis für multikulturelle Werte

Sportlich läuft es seit längerem richtig gut. Die Fußballer von Genclerbirligi Wasserburg schafften den Aufstieg in die B-Klasse, sind dort jetzt in der neuen Saison schon wieder ganz vorne dabei und haben zudem im Toto-Pokal für Furore gesorgt. Der B-Klassist hatte sich zum Favoritenschreck entwickelt. Mit vier Siegen in vier Spielen katapultierte sich der Außenseiter ins Viertelfinale und sorgte damit für Aufsehen. Doch das Sportliche steht bei dem Verein, der in den 70-er Jahren aus einer Art Betriebsmannschaft von Meggle in Reitmehring entstand, längst nicht immer im Mittelpunkt. Die „Wölfe aus Wasserburg“, wie sie sich selber nennen, stehen wohl wie kein zweiter Verein in Stadt und Altlandkreis für multikulturelles Miteinander.

 „In einer Welt, die von Konflikten heimgesucht wird, stehen unser Verein, unser Team und unsere Gemeinschaft für ein grundlegendes Prinzip: Nationalität Mensch“, sagt Veton Berisha, Zweiter Vorstand des Vereins (hinten, Zweiter von rechts), der sich zusammen mit seinen Vereinskollegen Roland Vogel (Foto unten, links) und Faruk Kölemenoglu mit Bürgermeister Michael Kölbl und Markus Bauer, dem Sportreferenten der Stadt, kürzlich zum Gedankenaustausch traf. Alle Drei legten die Ideen und Pläne des Vereins dar und zeigten sich dankbar für die Unterstützung durch die Stadt. „Wir haben den Verein gerne bei der Sanierung des Sportheims in Osterwies unterstützt. Heizung und Strom haben wir von Profis machen lassen, alles andere kam von den Vereinsmitgliedern, die sich mit richtig viel Eigenleistung reingehängt haben“, sagt Bürgermeister Michael Kölbl. Man sei seit zwei Jahren in engem Austausch. Und auch vom Sportreferenten, der immer wieder an der Seitenlinie in Reitmehring-Osterwies zu Gast ist, gibt es viel Lob: „Da ist in den letzten Jahren wirklich was Tolles entstanden.“

„Gemeinsam. Stark. Nationalität Mensch – das ist unser Motto und leitet uns in diesen stürmischen Zeiten und spiegelt unseren Wunsch wider, ein Zeichen gegen die zahllosen und zutiefst unnötigen Kriege zu setzen, die unseren Planeten überschatten. Uns verbindet mehr als das, was uns trennt: Unabhängig von Hautfarbe, Nationalität oder Religion, wir alle gehören der Nationalität Mensch an“, sagt Faruk Kölemenoglu.

Wie multikulturelles, friedliches und freundschaftliches Zusammenleben funktioniert, zeigt Genclerbirligi nahezu täglich beim Training oder bei den Spielen im heimischen „Waldpark“ in Osterwies oder auf fremden Plätzen. „Viele denken immer noch, wir sind ein rein türkischer Verein. Das kommt aus der Gründungszeit vor drei, vier Jahrzehnten und ist längst nicht mehr so“, sagt Veton Berisha, Deutscher mit kosovarischen Wurzeln. Ob die Ur-Bajuwaren und Torwartlegenden Horst und Dominik Süßmaier (Mitte), ob türkischstämmige Fußballer, ob Spieler mit doppelter Staatsangehörigkeit – bei Genclerbirligi Wasserburg werden multikulturelle Werte gelebt. „Verschiedene Herkunftsländer, unterschiedliche Sprachen – doch eins vereint uns alle: Die Leidenschaft für das Spiel unter unserem Symbol, dem Wolf“, so Berisha.

Der Wolf, ein Symbol der Freiheit und der Gemeinschaft, erinnere daran, dass man trotz der Vielfalt gemeinsam Großes erreichen könne. „Genau wie der Wolf in nahezu allen Ländern Europas im Wald zu Hause ist, sind auch wir hier in Wasserburg zuhause auf unserem Platz und im Waldpark-Stadion. Wolf und Wald – das passt zusammen.“ Dass der graue Wolf, die „Grauen Wölfe“ im Sommer während der EM in Deutschland bei den Spielen der Türkei für negative Schlagzeilen sorgten, weil sie Symbole für rechtsradikale, türkische Vereinigungen sind, hat die Wasserburger (weißen) Wölfe nur am Rande getroffen. „Damit haben wir absolut nichts zu tun. Wir waren echt extrem negativ überrascht, als da plötzlich Zusammenhänge künstlich hergestellt wurden. Wir haben Spieler in unseren Reihen, die würden bei uns sofort die Fußballschuhe an den Nagel hängen, wenn im Verein auch nur ein Hauch von politischer Radikalität Einzug hielte“, so Faruk Kölemenoglu,

Wie ernst es Genclerbirligi (das heißt übrigens übersetzt: Jugendvereinigung) mit der Abgrenzung zu den vom Verfassungsschutz beobachteten „Grauen Wölfen“ ist, zeigten die Verantwortlichen beim von der Stadt genehmigten Logo am Vereinsheim. Dort hatte der angebrachte Wölf einen leichten Grauton, der umgehend auf Weiß umgeändert wurde.

„Eigentlich wollen wir uns mit dem in Zukunft aber gar nicht so sehr beschäftigen. Uns geht es um Zusammenhalt, um multikulturelle Werte und den sportlichen Erfolg. Da haben wir mit dem TSV Wasserburg ein tolles Beispiel, wie man in nur wenigen Jahren sehr viel erreichen kann. Das wäre toll, wenn wir einen ähnlichen Weg einschlagen könnten“, sagt Veton Berisha. Immerhin: Mittlerweile hat Genclerbirligi eine U19, eine AH und zwei Teams im Punktspielbetrieb. Man hat sich zielstrebig auf den sportlichen Weg gemacht – und auch für den Verein einen klaren Plan.

HC