Fahrgastverband „Pro Bahn" informierte in den Paulanerstuben
Der Paulanersaal war gefüllt, als die Vorträge im Rahmen der „Pro Bahn“-Veranstaltung begannen und der Sprecher der Ortsgruppe Bernd Meerstein zunächst Mitglieder des Stadtrats, den Bürgermeister-Kandidaten Bastian Wernthaler und vor allem zahlreiche Zuhörer begrüßte. Moderator des Abends war Rainer Kurzmeier.
Norbert Moy, der Vorsitzende des „Pro Bahn“-Bezirkverbands Oberbayern (Foto) warf mit Hilfe erläuternder Folien und Texte zunächst einen Blick zurück in die Zeit, als die Deutsche Bahn vehement versuchte, die gesamte Strecke von Ebersberg bis Wasserburg („Filzenexpress“) still zu legen. Viele engagierte Aktionen von „Pro Bahn“ und die Unterstützung der Bevölkerung entlang der Strecke konnten diese Absichten seinerzeit jedoch unterbinden. Engagiert dabei war damals auch Bürgermeister Dr. Geiger. „Heute können nun alle den geretteten Filzenexpress im Stundentakt genießen. Viel genützt hat das der Altstadtbahn leider nicht, die bereits seit 1987 durch einen Dammrutsch unterbrochen war. Auch wenn ,Pro Bahn‘ hier leider noch nicht alle Ziele erreichen konnte – der Filzenexpress wurde jedenfalls gerettet“, so Moy.
2013 bewarb sich ein Infrastruktur-Betreiber-Konsortium unter Beteiligung von „Pro Bahn“ um die Instandsetzung der Altstadtbahnstrecke. Allerdings konnte der Wasserburger Stadtrat nicht komplett überzeugt werden – sonst würde die Südostbayernbahn (SOB) heute wohl bereits ab Altstadt-Bahnhof direkt bis zum Fernverkehrsanschluss in München-Hauptbahnhof fahren. Norbert Moy erläuterte einige Hintergründe, warum das seiner Meinung nach seinerzeit nicht geklappt hat. Ein wichtiges Element sei dabei ein recht pessimistisches Gutachten, das mit der Einschätzung mit nur 400 Reisende pro Kilometer am Tag weit unter dem Mindestkriterium des Freistaats von 1.000 lag.
Moy: „Vor ein paar Monaten wurde nun im Rahmen einer Untersuchung zum Bahnausbau im Münchner Umland aufgezeigt: Jetzt wird – sogar eher nur defensiv gerechnet – schon von 1.400 Reisenden ausgegangen und trotzdem soll sich die teils malerische Strecke in die Wasserburger Altstadt angeblich nicht rentieren.“
Ko-Referent Andreas Schulz leitete in seiner aktiven Berufslaufbahn die Angebotsplanung bei der Bayrischen Eisenbahn Gesellschaft (BEG). Er ist es daher gewöhnt, derartige Gutachten genau zu analysieren und zu hinterfragen. Als Fachmann ist er jedoch fest überzeugt, dass diese Strecke rentabel zu betreiben ist und er konnte dies auch mit einigem vergleichenden Zahlenmaterial unterstreichen. „Allerdings müsste dann die Stadt Wasserburg einen entsprechenden Wunsch nach oben, also gegenüber dem Ministerium äußern und dies wurde auch von oben bereits so signalisiert. Diese Methode, politischen Druck auszuüben, gilt auch für die geplante Elektrifizierung bis Wasserburg, die Anschaffung behindertengerechter Fahrzeuge oder für die Einführung des Halbstunden-Takts. Eventuell wird sogar über Express-S-Bahnen statt Normal-S-Bahnen – keine WCs und noch viele Haltestellen am Münchner Stadtrand – diskutiert.“ Erstaunlich fand Schulz auch den hier im Wasserburger Umfeld kaum vorhandenen Druck von Gewerbetreibenden und Unternehmen – ganz anders als zum Beispiel bei der S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried.
Ergänzend fasste Andreas Schulz auch zusätzliche Haltepunkte im Wasserburger Raum ins Auge. In Frage kämen wahlweise Burgau-Süd, Gabersee-Süd oder vor allem der Meggle-Bereich, wo ja viele Mitarbeiter als Pendler tätig sind. Er schlug vor, Gespräche mit der Geschäftsleitung der Firma Meggle sollten baldigst erfolgen, denn die Interessen dieses großen Arbeitgebers sollten schließlich Berücksichtigung erfahren.
Die Referenten erkannten, dass das neue Gutachten einige bedeutende und für die Wirtschaftlichkeit der Strecke wichtige Faktoren außer Acht gelassen hat: „Der bei uns immer wichtiger werdende Tourismus wird nicht gewertet und die Mittelzentrumsfunktion und damit verbundene Strukturentwicklung – Metropolregion – wird nahezu übergangen.“ Hier müssten die Kommunen gemeinsam starken politischen Druck entwickeln. „Anhand von passenden Beispielen wie Geretsried und Altomünster konnten positive Ergebnisse erreicht werden, weil lokaler Druck hier längst erfolgreich war.“
Zusammenfassend meinten Moy und Schulz: „Das Potential von Altstadtbahn und Filzenexpress ist mittlerweile nachgewiesen und der Freistaat wartet einfach auf deutliche Signale aus der Region. Vom ,Lost place der Schiene‘ könnten wir so zum attraktiven Ausbauprojekt im Ballungsraum München werden. Das Motto bleibt also: Nur nicht aufgeben.“ Und viele der Zuhörer sicherten „Pro Bahn“ beim Verlassen des Saals ihre weitere Unterstützung und den Besuch von Folgeveranstaltungen zu.
BM
Die romantische Vorstellung, die Altstadtbahn zu reaktivieren, wird eine solche bleiben.
Aus meiner Sicht wäre es ZIel führender, die Strecke ab Reitmehring zu elektrifizieren, und wenn dann noch ein bißchen Geld über ist, den Bahnübergang Reitmehring endlich mal staufrei zu gestalten.
Das sind ja beides bereits beschlossene Projekte, aber wenn man den Beitrag genauer ließt, ist sehr wohl zu erkennen, dass die Reaktivierung der Altstadtbahn alles andere als eine romantische Vorstellung ist. Im Gegenteil, diese würde vor allem sogar wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Sollte man, wie erwähnt dann auch noch zusätzliche Haltepunkte bauen, könnten Anwohner und lokale Unternehmen sogar noch umso mehr davon profitieren
Hat eigentlich jemand mal nach REALISTISCHEN Einschätzungen gefragt, wie viel die Reaktivierung kosten würde? Ich schätze, ein niederer zweistelliger Millionen-Euro-Betrag könnte dafür wohl angesetzt werden, den die kritische geologische Lage müsste stabilisiert werden (Beispiel aktuell: Hangrutsch in Ramerberg). Wer soll in der Burgau Süd und in Gabersee Süd die Haltepunkte nutzen: die Wege dorthin gleichen von den so „erschlossenen“ Wohn- bzw. Arbeitsstätten eher mittleren Bergtouren. Die Leute dort würden weiterhin die Busse nutzen. Wie viele Fahrgäste sollen die Strecke täglich befahren, wenn mindesten 1000 pro Kilometer gefordert werden? Wir sprechen von ca. 7 km Strecke, heißt Minimum 7000 Fahrgäste pro Tag. Soviel Einwohner haben Altstadt und Burgerfeld zusammen gar nicht. Und wer aus dem Burgerfeld kommt, nimmt gleich das Auto nach Reitmehring, weil er/sie in in der Stadt gar keinen Park&Ride Platz findet.
Die Strecke ist nicht 7, sondern 4,2 Kilometer lang. Selbst wenn die 1.000 Fahrgäste jeweils nach 1 km Fahrt vom fahrenden Zug abspringen würden, wäre ihre Rechnung mit den 7.000 Fahrgästen also immer noch falsch. Noch realistischer ist aber, dass der Großteil dann doch von der Altstadt bis Reitmehring durchfährt – also die gesamten 4,2 km. 1.400 Reisende insgesamt auf der Strecke bedeuten also auch 1.400 „Reisendenkilometer“.
Wenn Ewiggestrige und Verschwörungstheoretiker zusammenkommen bleibt für realistische Einschätzungen kein Raum.
Menschen, die sich ehrenamtlich für eine bessere Bahninfrastruktur und einen besseren ÖPNV engagieren, in die Nähe von Verschwörungstheoretikern zu rücken, ist schon eine ziemliche Unverschämtheit.
Und angesichts der Tatsache, dass sich die Probleme des einseitig geförderten Individualverkehrs nicht verschleiern lassen, ist auch die Frage, wer hier die „Ewiggestrigen“ sind.
Pro Bahn-ler, lebt euren Traum, macht das Thema aber nicht zum Alptraum aller Wasserburger.
Wenn man das ganze Hirnschmalz, das hierfür verbraucht wird, in Energie umwandeln könnte, hätten wir in Wasserburg keine Energieprobleme mehr.
1000 Bahnfahrer?? wo sollen die herkommen? Geht mal in Gedanken den Weg eines Bahnfahrers, der vom Burgerfeld aus nach Reitmehring will um dort in den Zug nach München, Mühldorf, Rosenheim einsteigen will. Frau, Herr oder irgendwas steigt irgendwo im Burgerfeld in den tollen Stadtbus, für 1.50 Euro und will bis Reitmehring, wer von den par Hansln steigt am Busbahnhof aus, geht rüber zum Bahnsteig, wartet auf den Zug, steigt dort wieder ein zahlt wieder
X Euro, fährt nun nach Reitmehring weiter, steigt dort wieder aus um in den nächsten Zug zu steigen, wenn er im warmen Stadtbus durchfahren kann bis Reitmehring.
Es gibt bestimmt ein par Nostalgiker die als Junger mit der Bahn von Wasserburg nach Reitmehring gefahren sind und dies gerne mal wieder tun wollen, aber die 2-3 Personen fahren bestimmt nicht mehr täglich nach Reitmehring, wenn doch , nicht mehr lange.
Ca. 30 Leute beim Vortrag, das sagt doch alles.
Es gibt weit aus wichtigeres zu tun in unserer schönen Stadt.
@Franz Xaver: Ihrem Beitrag entnehme ich, dass Sie eher weniger Bus und Zug fahren. Sie würden sonst lieber im Zug Altstadt – Reitmehring sitzen, als mit dem Bus kurz vor Reitmehring im Stau zu stehen. Viele Burgerfelder würden dafür auch gerne mit dem Fahrrad zum Altstadt-Bahnhof fahren. Und wieso soll man X Euro mehr zahlen, wenn alles zu einer MVV-Zone gehört? Wieviel Schüler fahren täglich mit dem Bus aus Richtung Ebersberg, Rosenheim, Mühldorf in die Schulstadt Wasserburg und könnten in Reitmehring in den Zug umsteigen? Und übrigens: wieviele Vorträge mit wesentlich mehr als 30 Personen besuchen Sie so?
Ich glaub schon dass die Strecke für Schüler, vor allem in den weiterführenden Schulen, ein Gewinn wäre. Auch für die die aus Rott, Ramerberg, Edling … kommen und jeden morgen eine Stunde im Bus sitzen. Beim Nachmittagsunterricht ganz zu schweigen wo zum Teil gar kein Bus fährt und sie eine Stunde warten müssen oder Taxi Eltern nutzen.
Wer heute immer noch gegen Bahn und e-Mobilität kämpft, beweist nur, dass er selbst von vorgestern ist! Im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder sollten wir uns endlich von der einseitigen Förderung des stinkenden Individualverkehrs verabschieden, auch hier im ländlicheren Raum… was der uns Alle kostet stellt man nie in Frage!?
Es stellt doch niemand den ÖPNV an sich in Frage. Es geht hier um den Neubau der Bahnstrecke von Reitmehring in die Wasserburger Altstadt. Ja, Neubau – nicht Reaktivierung wie immer so schön geworben wird. Da ist nicht mehr viel da, das „reaktiviert“ werden könnte. Zudem braucht es auch noch einen neuen Bahnübergang an der B15. Gan zu schweigen von fehlenden P+R Parkplätzen in der Stadt und dem fehlenden 100 oder mehr Meter langem Bahnsteig. Darf der noch vorhandene Tunnel abgerissen werden oder ist da der Denkmalschutz schon drauf. Kann mir nicht vorstellen, dass der Tunnel schon für Oberleitungen ausgelegt ist.
Warum macht man hier keinen Bürgerentscheid? Dann könnte man das Thema endlich beerdigen.
So viel Ahnungslosigkeit so offensiv zur Schau gestellt…
Von der mehr als 4 km langen Strecke ist der ganz überwiegende Teil noch vorhanden – da ist also noch mehr als genug da, um reaktiviert zu werden.
Und was für einen „Bahnübergang“ wollen Sie an der B15 bauen? Gefällt Ihnen die bestehende höhenfreie Unterführung nicht? An der B 304 träumt man davon! Diese Unterführung hat, ebenso wie der Tunnel in die Altstadt eine durchaus ausreichende Höhe für eine Elektrifizierung. Und: dass der Tunnel nicht denkmalgeschützt ist, dafür reichen wenige Minuten Online-Recherche.
Übrigens können Sie auch mit einem Bürgerentscheid nicht geltendes Eisenbahnrecht aushebeln.
Wenn also jemand anderer Meinung ist, wird er gleich als ahnungslos verortet.
Und selbst wenn es möglich wäre, die Strecke zu elektrifizieren, wie geht es dann ab Reitmehring weiter ?
Hat jemand hierzu schon eine Ahnung?
Nein, nicht wenn jemand anderer Meinung ist, sondern wenn das Kundtun dieser Meinung aus einer Aneinanderreihung falscher Annahmen und leicht widerlegbarer Behauptungen besteht.
Wie es ab Reitmehring weitergeht? Nun, Richtung München erklärtermaßen irgendwann elektrisch, entsprechende Beschlüsse gibt es längst.
So bin ich halt: Doof, aber lieb
Wir sollten meiner Meinung nach die Bemühungen eher dahin lenken, sämtliche Busse, die den „Hauptbahnhof Reitmehring“ ansteuern, in der elektrischen Version einzusetzen.
Nach derzeitigem Stand wäre es ohnehin Käse, eine Altstadtbahn zu reaktivieren, würde die denn, so wie meine Modelleisenbahn, dann elektrisch betrieben? Und ab Reitmehring in der Dieselversion?
Ein interessanter Abend mit erhellenden Fakten bei Pro Bahn. Dass in der Schulstadt Wasserburg mit 5000 Schülern ein Potential von mehr als 1000 Bahnfahrern pro Tag besteht, war weniger überraschend. Dass eine Bahnstrecke ins deutlich kleinere Altomünster für ein Mehrfaches der Kosten des Ausbaus der Strecke Grafing Bhf-Wasserburg Stadt bereits ausgebaut wurde, aber durchaus. Der interessanteste Moment des Abends war, als ein Referent darauf hinwies, dass ein Ausbau einer Bahnstrecke mit dem Engagement der Kommunalpolitiker in der Region steht und fällt. Der Saal reagierte darauf mit (betretenem) Schweigen. Von den 3 Wasserburger Bürgermeistern war keine da, auch die Umlandgemeinden waren nicht vertreten.
das Ganze hätte schon wesentlich eher angegangen werden müssen – die Trasse wurde im Bereich Megglestraße zurückgebaut – ebenso fehlt ein circa 100 Meter langes Stück im Bereich des Dammrutsches am Landschaftsweg. Die Strecke ist ferner unten am Inn unterspült sowie ab dem Kraftwerk mit Kies aufgeschüttet. Meiner Meinung ist hier ein Mindestaufwand von circa 10-12 Mio Euro notwendig. Und wie ein Vorschreiber schon sagte – es müsse ein kompletter barrierefreier Bahnsteig gebaut werden im Bereich der Rampe. Die Stadt und der Freistaat haben hier genauso geschlafen wie beim Bahnübergang in Reitmehring.
Ein gesunder Lokalpatriotismus ist vollkommen okay.
Es wird halt immer dann grenzwertig, wenn der Blick für das (finanziell) machbare verloren geht.
Man kann gerne versuchen, es wegzudiskutieren, die Möglichkeiten der Beteiligten sind weniger geworden.
Ich will es mit einem anderen Beispiel versuchen: Vor einigen Jahren scheiterte das Ansinnen, bei uns eine PKW Maut einzuführen. Was jedoch immer noch da ist, sind 4000 Brücken, die einer Renovierung harren.
Wie haben viele über das vorsintflutige „Pickerl“ gelästert, jetzt geht es ja moderner. Doch das wichtigste: Die Einnahmen werden zweckgebunden für Straßenbau/-Renovierung verwendet.
Und was machen wir?
Whataboutism ist nix Neues! Was hat ihre Stellungnahme mit der Wasserburger Altstadtbahn zu tun?
Es hat schlicht und ergreifend damit zu tun, dass die zur Verfügung stehenden Mittel endlich sind, marode Brücken versus Nostalgiebahn, wenn man so will