Riesenandrang: Faktencheck als Podiumsdebatte zum Brenner-Südzulauf mit MdL Sepp Lausch

Was es mit dem Brenner-Südzulauf auf sich hat, das konnten die Zuhörer im übervollen Dorfhaus in Lauterbach in der Gemeinde Rohrdorf im Landkreis jetzt erfahren. Infos dazu gab es vom MdL Sepp Lausch (Foto) von den Freien Wählern sowie von Vertretern der hiesigen Bürgerinitiativen und Gästen aus Südtirol.

„Italien baut, Deutschland schaut“ – so werden die unterschiedlichen Baufortschritte der Brenner-Zuläufe im Süden und Norden des Brenner-Basistunnel (BBT) von Politikern und Medien gerne beschrieben. Der Planungsstand im Rosenheimer Land ist hinreichend bekannt. Aber wie sieht es im Süden, auf italienischer Seite aus? Um hier Klarheit zu gewinnen, wurde ein Faktencheck vorgenommen, moderiert von Florian Schrei. Ziel war, die Bevölkerung faktenbasiert zu informieren.

Im Sommer hatten eine CSU-Delegation um MdB Daniela Ludwig sowie eine Freie Wähler-Delegation um MdL Sepp Lausch an unterschiedlichen Tagen das Südportal des BBT besichtigt (wir berichteten). Nachdem die Eindrücke doch sehr unterschiedlich beschrieben worden waren, wurde bei den Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land die Idee geboren, eine Podiumsdiskussion mit Vertretern beider Parteien zu veranstalten, um die Eindrücke mit einem Faktencheck zu unterlegen. Damit hier nicht nur die externe Sicht aus Deutschland zu Wort kommen sollte, wurden Vertreter von italienischen Bürgerinitiativen Brenner-Südzulauf geladen.

Zu Beginn berichtete Sepp Lausch über den Besuch in Südtirol, verbunden mit erschreckenden Bildern von Abraum aus den Tunnelbohrungen. Leider habe sich, so Lausch, aus der CSU-Delegation um Daniela Ludwig niemand gefunden, der sich nun an der Podiumsdiskussion beteiligen wollte …

Anschließend trugen Thomas Unger (Vorstand des Bürgerforums Inntal e. V.) und Professor Roland Feindor Auslastungszahlen auf den bestehenden Gleisen im Süden des BBT sowie die Planungsstände der einzelnen Bauabschnitte vor.

Im Resümee ergab sich, dass sich die Planungen für einen Großteil der sogenannten Südzulaufstrecke noch im Anfangsstadium befinden würden und zudem häufig vollkommen veraltet seien. Auch sei zwischen dem Südportal des BBT und Verona aus den unterschiedlichsten Gründen bisher noch kein einziger Meter von 167 geplanten Tunnel-Kilometern gebohrt. Teile des 189 km langen Südzulaufs von Franzensfeste bis Verona bleiben ohnehin dauerhaft zweigleisig.

Die prognostizierten Zugzahlen im Süden des BBT passten meist nicht mit denen im Norden zusammen, geschweige denn mit den geplanten Transitmengen durch den BBT. Selbst wenn die Schätzungen im Süden erreicht werden sollten, könnte – laut Unger und Feindor – die Bestandstrecke im Rosenheimer Land diese Zugzahlen abdecken. Das Problem sei, dass die Zahlen zum Projekt für den Südzulauf nur schwer zu ermitteln seien, da sie im Wesentlichen nicht oder nur kurzzeitig veröffentlicht würden.

Die Gäste aus Südtirol – Marlene Roner (Architektin) und Claudio Campedelli (Umweltaktivist) – haben die Angaben ihrer Rosenheimer Kollegen bestätigt. Weiter berichteten sie von den Schwierigkeiten der Bevölkerung, Informationen von Behörden und Bahnverantwortlichen zu bekommen.

In Südtirol und dem Trentino gebe es erheblichen Widerstand der Bürgerinitiativen und auch Klagen gegen die Neubaustrecke, auch wenn dies von verschiedenen Seiten anders behauptet werde. Rechtliche Schritte in Revision seien aufgrund des Autonomiestandes Südtirols nahezu ausgeschlossen. Im Norden von Trient sei der Bau wegen der erheblichen Umweltprobleme von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Jakob Opperer von der gastgebenden BI „Bürgerinteressen Rohrdorf“ fasste die wesentlichen Punkte am Ende der Veranstaltung zusammen:

Der Brennerbasistunnel sei wegen der dann möglichen, höheren Tonnagen pro Zug und wegen erheblich kürzerer Fahrzeiten ein Gewinn.
Die Fortschritte beim Bau des Brennerbasistunnels könnten nicht auf den Brenner-Südzulauf 1:1 übertragen werden.
Es sei utopisch, dass der Brenner-Südzulauf bei der Eröffnung des Brennerbasistunnels weitgehend viergleisig ausgebaut sein werde. Einige Streckenabschnitte würden sogar auf Dauer zweigleisig bleiben.
Die Finanzierung des Brenner-Südzulaufs sei selbst bei den unglaublich niedrigen Kostenansätzen nicht gesichert. 
Die geplanten Kapazitäten des Brenner-Südzulaufs könnten auf den Bestandsgleisen des Brenner-Nordzulaufs zwischen Grafing und Kufstein bewältigt werden.