Wasserburger Kunstverein AK68 bezieht vorübergehend das Gebäude am Kaspar-Aiblinger-Platz
Das Ganserhaus muss restauriert werden, damit es auch künftig dem AK68 eine Heimstatt bleiben kann. Deshalb sind umfassende Restaurierungsarbeiten notwendig. Damit es restauriert werden kann, bezog nun der AK 68 vorübergehend das ehemalige Gebäude der Wasserburger Polizeiinspektion, um die dortigen Räumlichkeiten als Ausstellungsgelände nutzen zu können. Der Name „Grenzlinien“ passt sehr gut zu der Ausstellung, die dort am gestrigen Samstag eröffnet wurde. Denn nicht nur die drei Künstler, die hier ihre Werke ausstellen, überschritten Grenzen, sondern auch der AK 68, der dieses Gebäude mit seinen auch teilweise bizarr anmutenden Räumlichkeiten nun bezogen hat.
Ein Jahr sollen die Restaurationsarbeiten am Ganserhaus in Anspruch nehmen und in diesem Jahr soll es insgesamt sieben Ausstellungen geben, die am Kaspar-Aiblinger-Platz gezeigt werden können.
Die erste Ausstellung wurde nun eröffnet. Die Vorsitzende des AK 68, Katrin Meindl, begrüßte zunächst die Dritte Bürgermeisterin der Stadt Wasserburg, Edith Stürmlinger und die doch recht zahlreich erschienene Stadträte und bedankte sich bei der Stadt Wasserburg für die stete Unterstützung des Wasserburger Kunstvereins. Nicht nur die Räumlichkeiten am Kaspar-Aiblinger-Platz seien dem Kunstverein zur Verfügung gestellt worden, auch hinsichtlich der Sanierung des Ganserhauses habe sich die Stadt als ein engagierter Unterstützer des Arbeitskreises erwiesen. „Wir sind sehr daknbar, dass wir hier sein dürfen“, rief Katrin Meindl den zahlreich erschienenen Besuchern zu. Sie begrüßte auch Anke Hellmann, die Leiterin des Kulturreferats im Landkreis Rosenheim.
Vor dem Gebäude war kurz vorher jenes UFO von „Pink Paradis“ aufgestellt worden, das bereits 2023 zur „Großen Kunstausstellung“ des AK68 vor dem Wasserburger Rathaus gelandet war. Man habe jenes UFO neu bestückt, ergänzte Meindl und man wolle dieses UFO für jede Ausstellung dann auch neu bestücken.
Der Auszug aus dem Ganserhaus sei, wenngleich nur vorübergehend, doch für den Kunstverein nicht so einfach gewesen, denn es hänge doch sehr viel Arbeit daran und natürlich hingen am Gebäude in der Schmidzeile auch sehr viele Emotionen. Und so habe man den ersten Raum der ehemaligen Polizeiinspektion, jenen Raum, in dem man sich anmelden musste, wenn man bei der Polizei etwas zu erledigen hatte, mit zahlreichen Plakaten des AK 68 tapeziert, sodass aus diesen Plakaten die Vereinsgeschichte habe lebendig werden können. Meindl bedankte sich herzlich bei Robert Lang, der diese Tapezierung vorgenommen hat.
Das neue Gebäude fordere förmlich zu Grenzüberschreitungen heraus, wenn sie nur daran denke, dass auch die Arrestzellen der Polizei sich heute zu Räumen gewandelt hätten, in denen Kunst präsentiert werden könne.
In ihrer anschließenden Einführung betonte die Kulturreferentin des Landkreises Rosenheim, Anke Hellmann, dass der Umzug vom Ganserhaus ins Gebäude am Kaspar-Aiblinger-PLatz in nur drei Tagen habe vollzogen werden können. Dank der Tatsache, dass an die dreißig Helferinnen und Helfer den Umzug bewerkstelligt hätten, sei dies gut und sehr zügig gelungen. Das Gebäude biete „neue Perspektiven“, sodass auch der AK 68 sich mit einer Metamorphose konfrontiert sehen könne. Und sie würdigte die Arbeit des AK 68, als sie ergänzte, dass der Arbeitskreis ein „Meilenstein im kulturellen Angebot“ Wasserburgs sei. Er sei in der Stadt fest verankert und auch die Stadt Wasserburg habe den Wert dieser Institution erkannt. Wenngleich die Menschen, die zu einem Kunstverein gingen, möglicherweise nicht die gleichen seien, die häufig mit der Polizei Kontakt hätten, so sei die Nutzung des ehemaligen Polizeigebäudes doch ein gesellschaftlicher Treffpunkt. Sie wünschte dem AK 68 alles Gute und schloss mit der Feststellung, dass dieser Arbeitskreis stolz sein dürfe, denn dass ein Kunstverein so stark im Leben einer Stadt verankert sei, das finde man eher selten.
Und so begann die sehr zahlreich erschienenen Kunstinteressierten, die Ausstellung zu erwandern. Sie wurden konfrontiert mit den Besonderheiten des Gebäudes, die ihrerseits zu zahlreichen Grenzüberschreitungen aufforderten.
Anni Rieck, Carmen Kordas und John Schmitz haben gemeinsam das „projekt.8“ ins Leben gerufen und hier ihre erste gemeinsame Ausstellung gestaltet. Für John Schmitz ist diese Ausstellung auch eine Möglichkeit der Selbstfindung und der Selbsterkennung, wenn man beispielsweise an seine Installation „Spiegel im Spiegel“ denkt. Der Betrachter wird hier eingeladen, über seinen Selbstfindung zu reflektieren. Auch Anni Rieck nimmt sich dieses Themas an, wenn sie ihre Installation „Ausfahrt ins Ungewohnte“ präsentiert. Ein Stuhl vor einem Durchgang, der scheinbar ins Unendliche führt und ein wenig an das Goethehaus in Weimar erinnern mag. Auch die Installation an der abwärts führenden Treppe, wo der Weg scheinbar ins Nichts führen könnte, unterstreicht dieses Anliegen. Das Bizarre wird hier lebendig und damit alltäglich.
Schließlich haben die drei Künstler auch die beiden Arrestzellen künstlerisch aufbereitet. Grenzlinien und Grenzüberschreitungen, die einen ständig begleiten, werden hier offenbar.
Für Carmen Korda, die auf eine sehr bewegte Biographie zurückblicken kann, ist Identität ein wichtiges Thema. Gerade im Hinblick auf ihre arabischen Wurzeln ist der Wandel, den wir alle ständig durchleben und in dem wir täglich neu über unsere Identität nachdenken müssen und sie neu finden müssen, ein wichtiges Kriterium der Selbstfindung. Dabei muss man Grenzlinien erkennen, sie vielleicht auch respektieren, sie aber gleichzeitig häufig überschreiten, damit man seinen richtigen Platz finden kann.
Die Ausstellung ist hochinteressant und kann bis zum 16. Februar immer donnerstags, freitags, samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr im ehemaligen Gebäude der Polizeiinspektion Wasserburg am Kaspar-Aiblinger-Platz 5 im ersten Obergeschoss besucht werden. Am Sonntag, 2. Februar, ist um 14 Uhr ein Künstlergespräch geplant, bei dem alle drei Mitglieder des „projekt.8“ anwesend sein werden.
Text und Fotos: PETER RINK
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