Institut SAGS stellt Erhebung zum Bedarf an Betreuung für Kindergartenkinder für die Stadt vor

 

Vor zwölf Monaten hatte die Stadt Wasserburg  das „Institut für Sozialplanung, Jugend- und Altenhilfe, Gesundheitsforschung und Statistik“ in Augsburg (SAGS) damit beauftragt, eine Bedarfsplanung der Kindertagesbetreuung, inklusive einer Prognose der Zahl der Grundschulkinder zu erstellen und daneben auch eine Elternbefragung durchzuführen. Die Stadt wollte sich gerade im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter bedarfsgerecht vorbereiten. Und so stellte Christian Rindsfüßer, der Gründer und Institutsleiter des Instituts SAGS, vor dem Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates die Ergebnisse der Untersuchung vor.

Rindsfüßer erwähnte zunächst die demographischen Grundlagen, wie sie sich in Wasserburg darstellen: So gebe es zwar ein kontinuierliches Wachstum der Wasserburger Bevölkerung, das aber ohne den Zuzug von Migranten nicht existieren würde. Gäbe es keine Migration, so Rindsfüßer, nähme die Wasserburger Bevölkerung kontinuierlich ab. Wasserburg habe auch prozentual weniger Kinder als andere vergleichbare Gemeinden in Südbayern. In den Jahren zwischen 2000 und 2010 habe es weniger Geburten in Wasserburg gegeben als vorher. Später habe es dann wieder mehr Geburten gegeben, die Zahl sei aber seit 2021 erneut rückläufig. Rindsfüßer führte diese Entwicklung unter anderem auf die Verunsicherung der Elterngeneration durch den Krieg Russlands in der Ukraïne, die Inflation und auf die unsicheren wirtschaftlichen Verhältnisse zurück.

Gleichzeitig stellte er fest, dass es in Wasserburg prozentual mehr Senioren gebe als im restlichen Oberbayern. In den letzten 20 Jahren sei der Bedarf an Plätzen in Kindertagesstätten deutlich gewachsen, leider habe nicht in gleichem Maße Personal für die Kindertagesstätten zur Verfügung gestanden. Rindsfüßer berichtete von Gemeinden, in denen der Bedarf an Kindertagesstätten existiere, auch der hierfür notwendige Raum sei vorhanden, allein, es fehle an potenziellen Mitarbeitern für diese Einrichtungen.

Die zahlreichen Pflegeheime in Wasserburg führten natürlich auch dazu, dass in der Stadt ein gewisser Sterbeüberschuss zu verzeichnen sei, den die Stadt durch Zuzug habe kompensieren können. 2015 sei ein Jahr gewesen, in dem es eine sehr hohe Nettozuwanderung gegeben habe, diese Zuwanderung sei in den folgenden Jahren ein wenig geringer gewesen und sei 2022 – 2024 auch wegen des Kriegs Russlands in der Ukraïne erneut angestiegen, weil nicht wenige Menschen aus der Ukraïne nach Deutschland geflüchtet seien.

Mark Twain wird ein Ausspruch zugeschrieben, der da lautet: „Prognosen sind immer schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“. Auch wenn Rindsfüßer diesen Ausspruch Karl Valentin zuschreiben wollte, ist dieser Satz bedenkenswert. Man weiß einfach nicht, wie sich die Gesellschaft entwickelt und das kann man auch an dem Ausspruch Konrad Adenauers sehen: „Kinder kriegen die Leute immer“, denn der hat sich seit den 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts eben nicht so bewahrheitet wie angenommen.

Rindsfüßer stellte im folgenden die Zahlen vor, die in Wasserburg für die Kinderbetreuung genutzt werden: So würden die Eltern und Erziehungsberechtigten der fünf- bis sechsjährigen Kinder fast zu 100 Prozent Betreuungsangebote nutzen, während bei den ein- bis zweijährigen Kindern der Betreuungsbedarf bei etwa 20 Prozent bis 30 Prozent liege. In der Stadt München sei in dieser Altersstufe hingegen der Betreuungsbedarf bereits bei 54 Prozent.

In der Stadt Wasserburg gebe es derzeit kein Anlass zur Besorgnis, führte Christian Rindsfüßer aus, denn im Moment liege der Bedarf bei etwa 500 Krippen- und Kindergartenplätzen, wohingegen die vorhandenen Kapazitäten bei etwa 585 Plätzen lägen.

Bei Sitzungen des Stadtrates und seiner Ausschüsse ist es den Besuchern eigentlich nicht gestattet, an den Debatten teilzunehmen, doch die anwesenden Leiterinnen und Erzieherinnen der Wasserburger Kindertagesstätten hielt es nicht mehr auf ihren Plätzen und so ließ sie der Bürgermeister Michael Kölbl auch gewähren. Gerade für die Kinder unter drei Jahren, wandte die Leiterin einer Wasserburger Kindertagesstätte ein, habe es in den vergangenen Jahren eine signifikante Unterdeckung an Plätzen gegeben. Eine andere Erzieherin entgegnete daraufhin, dass es derzeit keine Warteliste für Betreuungsplätze in den Kindertagesstätten gebe. Auch unter den Experten gab es augenscheinlich unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema. Kölbl beendete den Diskurs und wies auf die Anstrengungen der Stadt in den letzten Jahren hin.Der Bedarf sei klar und bekannt. „Wir decken derzeit den Bedarf zu 100 Prozent“. Die Stadt habe in den letzten Jahren viel unternommen, auch Geld in die Hand genommen, um die Betreuungssituation so zu gestalten, dass sie für die Eltern und Erziehungsberechtigten angemessen sei. Rindsfüßer ergänzte, dass im Kindergartenbereich die Nachfrage wegen der sinkenden Geburtenzahlen wohl auch in der Zukunft sinken werde.

Anders sei die Situation bei den Grundschülern. Habe man 2015 noch 380 Grundschüler in Wasserburg in 18 Klassen unterrichtet, so seien es jetzt 476 Schüler in 21 Klassen. Kölbl ergänzte noch, dass die Dreizügigkeit in der Grundschule am Gries erhalten bleiben soll. Viele Eltern wünschten sich, so führte Christian Rindsfüßer anschließend aus, ein Angebot in der Offenen Ganztagsschule und nicht so sehr gebundene Ganztagsangebote. Hintergrund dürfte sein, dass in nicht wenigen Familien einer der beiden Elternteile einer Halbtagsbeschäftigung nachgeht und das Schulkind erst so um 14 Uhr abholen könnte. Da der Unterricht um 13 Uhr ende, hieße für die Schulen, dass sie ein Mittagessen zur Verfügung stellen müssten und dann eine kurze Freizeit für die Grundschulkinder anbieten könnten, sodass das Kind dann ab 14 Uhr abgeholt werden kann.

Die Wichtigkeit der Mittagsbetreuung wurde auch in der anschließenden Diskussion deutlich: So wandte die Dritte Bürgermeisterin, Edith Stürmlinger (Bürgerforum), ein, dass das Betreuungsangebot für die Grundschüler in Wasserburg zwar gut sei, es fehle aber an Flexilibität der Schulen. Zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler benötigten ein Mittagessen, meinte sie in der Diskussion.

Auch eine bessere Ferienbetreuung werde gewünscht. Dabei werde in den Weihnachtsferien kaum eine Betreuung für die Kinder gewünscht (nur 8 Prozent wollten dies), während in den Sommerferien (68) und den Herbstferien (43 Prozent) der Bedarf seitens der Eltern deutlicher formuliert worden sei.

Was bei der Betreuung besonders wichtig sei, wollten die Mitarbeiter von SAGS von den Eltern und Erziehungsberechtigten der Grundschüler wissen, und da wurde sehr häufig auf die Ferienzeiten hingewiesen, auf die räumliche Nähe zu den Wohnungen oder zumindest eine gute Anbindung an den ÖPNV. Ebenso wurden neben dem Mittagessen musische oder sportliche Aktivitäten genannt und natürlich die Qualifikation der Mitarbeiter der Schulen und Kindertagesstätten.

Weniger wichtig war vielen Eltern hingegen eine Betreuung nach 16 Uhr oder am Freitag Nachmittag. 34 Prozent der befragten Eltern und Erziehungsberechtigten fühlten sich durch die aus ihrer Sicht mangelnde Flexibilität der Schulen und Kindertagesstätten in ihrer Berufstätigkeit eingeschränkt.

Am Ende bedankten sich die Mitglieder des Ausschusses bei Christian Rindsfüßer für seine ausführlichen und sehr informativen Ausführungen.

RP