Beim ersten Rathauskonzert: Bad Reichenhaller Philharmoniker verzauberten das Wasserburger Publikum

Die Bad Reichenhaller Philharmoniker blicken zurück auf 150 Jahre Musiktradition. Etwas mehr als 40 Instrumentalisten, Streicher, Blech- und Holzbläser bereichern seit vielen Jahren als einziges Sinfonieorchester im südostbayerischen Raum die Region mit zahlreichen Konzerten, die eine große Vielfalt im musikalischen Angebot präsentieren, aber auch sehr viele unterschiedliche Menschen anzusprechen verstehen. Jetzt traten sie anlässlich des ersten Rathauskonzerts im Jahre 2025 wieder einmal im historischen Rathaussaal Wasserburg auf.

Seit 2020 leitet der US-Amerikaner Daniel Spaw das Ensemble, ist künstlerischer Leiter und Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmoniker. Zuletzt konnte dieses Ensemble 2023 bei den Rathauskonzerten das Wasserburger Publikum begeistern.

Anke Hellmann, die Kulturreferentin des Landkreises Rosenheim, begrüßte die Anwesenden im sehr gut gefüllten Rathaussaal zu diesem Konzert und freute sich darüber, dass die Wasserburger Rathauskonzerte sich nach wie vor einer großen Beliebtheit erfreuen.

Die Bad Reichenhaller Philharmoniker eröffneten dann das Konzert mit der Ouvertüre in B-Dur von Franz Schubert. Schubert hat sie 1816 als 19-Jähriger geschrieben und es ist schon sehr bemerkenswert, dass eine solche vollendete Musik das Werk eines Teenagers ist. Franz Schubert gilt als einer der Wegbereiter von der Klassik zur Romantik, dabei war sein musikalischer Erfolg zu seinen Lebzeiten doch leider eher bescheiden.

Mit großem Einsatz spielten die Bad Reichenhaller Philharmoniker diese Ouvertüre, wobei die langsameren Passagen mit sehr großer Anmut und beeindruckendem Können dargeboten wurden. Das Publikum zeigte sich begeistert von dieser Darbietung.

Dann musste kurz umgeräumt werden im Wasserburger Rathaussaal, denn die Bad Reichenhaller Philharmoniker füllten an sich schon die Bühne. 

Denn nun traten mit Beatrice Lanaro, einer Soloflötistin aus dem italienischen Vicenza und Valentina Vatteroni, einer aus dem italienischen Carrara stammenden Harfenistin zwei Solistinnen auf, die das Doppelkonzert für Flöte, Harfe und Orchester, das Wolfgang Amadeus Mozart 1778 komponiert hatte, zu Gehör brachten. Lanaro und Vatteroni gehören zum Ensemble der Bad Reichenhaller Philharmoniker, treten aber wegen ihres solistischen Könnens sehr häufig als Solistinnen auf.

Mit herausragender Anmut, sicher und höchst souverän an den Instrumenten, präsentierten beide Solistinnen dieses Konzert. Das Publikum war förmlich hingerissen von dieser gekonnten Präsentation klassischer Musik. Mozart gilt ja bekanntlich auch als der Komponist, der die Wiener Klassik zu ihrer Blütezeit geführt hat und Beatrice Lanaro ließ es sich nicht nehmen, für diese Darbietung ein Kleid zu tragen, das sehr stark an die edlen Frauen des antiken Griechenlandes zu erinnern vermochte. Das Harfenspiel von Valentina Vatteroni unterstrich diesen Eindruck, gilt doch die Harfe als das Instrument der Engel. Und genau in diese Verzückung konnte man als Zuhörer geraten bei der Darbietung im Wasserburger Rathaussaal. 

In seiner Ankündigung hatte Chefdirigent Daniel Spaw aus einem Brief Mozarts an seinen Vater aus dem Jahre 1778 zitiert, in dem er von einem Parisaufenthalt berichtete und von der Begegnung mit dem Duc de Guînes und seiner Tochter: „Ich glaube, ich habe ihnen schon im lezten brief geschrieben, das der Duc de guines, dessen tochter meine scolarin in der Composition ist, unvergleichlich die flöte spiellt, und sie magnifique die Harpfe; sie hat sehr viell talent, und genie.“ Diese Begegnung soll wohl Mozart die Idee für sein Doppelkonzert gegeben haben.

Nach der Pause spielten die Bad Reichenhaller Philharmoniker dann noch die Sinfonie Nr. 96 in D-Dur von Joseph Haydn, die er 1791 geschrieben hat und die zum Zyklus der letzten 12 Sinfonien gehört, die Haydn komponiert hat. 

Dazu erzählte Chefdirigent Daniel Spaw eine kurze Anekdote, die auf einen Zeitgenossen von Haydn, Albert Dies, zurückgeht: „Als Haydn im Orchester erschien und sich an das Pianoforte setzte, um eine Symphonie selbst zu dirigieren, verließen die neugierigen Zuhörer im Parterre ihre Sitze und drängten sich gegen das Orchester in der Absicht, den berühmten Haydn in der Nähe besser sehen zu können. Die Sitze in der Mitte des Parterres wurden dadurch leer, und kaum waren sie leer, so stürzte der große Kronleuchter herunter, zertrümmerte und setzte die zahlreiche Versammlung in die größte Bestürzung. Sobald die ersten Augenblicke des Schreckens vorüber waren und die Vorgedrängten sich die Gefahr, der sie glücklich entflohen, denken, Worte finden und zum Ausbruch derselben kommen konnten, drückten mehrere Personen ihren Gemütszustand laut genug durch das Wort ‚Mirakel! Mirakel‘ aus. Haydn selbst war innig gerührt und dankte der gütigen Vorsehung, die es geschehen ließ, dass er auf gewisse Art als Ursache oder Werkzeug dienen müsste, wenigstens dreißig Menschen das Leben zu retten. Nur ein paar Zuhörer hatten unbedeutende Quetschungen empfangen.“ 

Später stellte sich jedoch heraus, dass die Zuschreibung „Das Wunder“ (Mirakel) eigentlich seiner Sinfonie Nr. 102 gelten sollte, aber es hatte sich eingebürgert, die Sinfonie Nr. 96 mit diesem Prädikat zu versehen.

Bei der Darbietung dieser Sinfonie konnten die Bad Reichenhaller Philharmoniker nun endlich zeigen, welche Qualität und welches Volumen wirklich in ihnen steckt. Bei der Darbietung mit den beiden Solistinnen mussten sie sich naturgemäß ein wenig zurückhalten. Doch jetzt konnten sie aufspielen. Mit großem Engagement bei stärkeren Volumina und mit höchst einfühlsamer Zurückhaltung bei den langsameren Passagen, in denen vor allem die Violinistinnen ihr eindrucksvolles Können unterstreichen konnten, präsentierte das Orchester diese Sinfonie in verzaubernder Weise.

Der Schlussapplaus wollte nicht enden, das Publikum war förmlich hingerissen von diesem Konzert.

Mancher hätte sich bestimmt eine Zugabe gewünscht, doch wie konnte man es auch aus dem Publikum hören, eine Zugabe könnte das Genusserlebnis eines solchen Konzertes doch auch wieder einschränken. Und so verabschiedete man sich in einen kühlen Märzabend, erfüllt von klassischer Musik, die einem wohl perfekt dargeboten wurde.

 

PETER RINK