Beachtenswerter Vortrag beim Wasserburger Heimatverein über Arnold Weiss-Rüthel fand sehr großen Anklang

Im Gimplkeller waren fast alle Stühle besetzt, so groß war das Interesse am Vortrag von Robert Obermayr beim Wasserburger Heimatverein am vergangenen Montag. Unter der Überschrift „Es ist schön hier und friedlich – Der Schriftsteller Arnold Weiss-Rüthel in Wasserburg“ hielt Obermayr einen Vortrag über jenen Mann, der selbst nur 49 Jahre alt werden durfte, 1949 starb, auch weil ihn die fünfjährige Haft im KZ Sachsenhausen sehr schwächte und er sich von ihr letztlich nicht mehr erholte.

Der Vorsitzende des Heimatvereins, Matthias Haupt (Foto oben), begrüßte die zahlreichen Zuhörer im Gimplkeller und freute sich auch darüber, dass es gelungen sei, eine Zusammenarbeit von Heimatverein und Theater Wasserburg zu begründen. Denn Hilmar Henjes vom Theater Wasserburg las aus  den Werken von Arnold Weiss-Rüthel und bereicherte damit in höchst lebendiger Form den Vortrag von Obermayr.

Haupt begrüßte auch Tanja Neubauer, die Stieftochter von Arnold Weiss-Rüthel. Robert Obermayr bedankte sich bei ihr für die Überlassung manchen Dokuments von arnold Weiss-Rüthel, was für den Vortrag sehr hilfreich gewesen sei.

Die Anwesenden erfuhren, dass Weiss-Rüthel nach dem Zweiten Weltkriege in Wasserburg ein Jahr lang das Amt des Klägers an der Spruchkammer Wasserburg bekleidete, bevor er sich für kurze Zeit bei Radio München betätigte, bevor er, wegen seines schlechten Gesundheitszustandes, etwas kürzer treten musste und 1949 erst 49-jährig starb.

Weiss-Rüthel arbeitete trotz seiner Krankheit sehr viel, hatte immer wieder guten Kontakt zu den Wasserburger Künstlern Karl Wähmann oder Peter Scher, aber auch zum Schriftsteller Oskar Maria Graf. Sie alle einte die Fassungslosigkeit über die immensen Grauen der nationalsozialistischen Gewaltdiktatur. Bereits in den Jahren der Weimarer Republik äußerte sich Weiss-Rüthel, der zahlreiche kritische Gedichte über nationalistisches Denken und später nationalsozialistische Wirklichkeit schrieb, immer wieder ablehnend zur Nazi-Partei und ihren Vertretern. Einmal hat er die Parole, es gebe in Deutschland einen „Kampf ums Dasein“ satirisch verfremdet und es den „Kampf ums Dabeisein“ tituliert. Weiss-Rüthel hat auch Gedichte veröffentlicht und hat sich auch nach 1933 nicht gescheut, die Nazis zu kritisieren. 1934 wurde er Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Jugend“. Hier hat er mehrere NS-kritische Beiträge verfasst, wodurch die Gestapo auf ihn aufmerksam wurde. 1936 kam es zu einer ersten Hausdurchsuchung und später fielen der Gestapo seine Tagebücher in die Hände. Jetzt hatte man den Beweis für seine „staatsfeindliche Gesinnung“ und brachte ihn ins KZ Sachsenhausen, wo er fünf Jahre gedemütigt und immer wieder psychisch  misshandelt wurde.

Die vom „Reichsführer-SS“ Heinrich Himmler verfasste, zynische Überschrift auf den KZ-Dächern: „Es gibt einen Weg zur Freiheit. Seine Meilensteine heißen: Gehorsam, Fleiß, Ehrlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Nüchternheit, Wahrhaftigkeit, Opfersinn und Liebe zum Vaterland“ waren für ihn immer wieder Ansporn, seine Kritik am NS-Terror nicht zu verschweigen. Obermayr berichtet aus den ihm vorliegenden Quellen, dass es den Häftlinge in den Konzentrationslagern verboten gewesen sei, ihren Peinigern ins Gesicht zu schauen. Und genau das habe Weiss-Rüthel aber immer wieder getan und damit auch manche Misshandlung vermeiden können, denn die NS-Schergen hätten sich interessanterweise nicht so getraut, jemanden zu schlagen oder zu treten, dem sie in die Augen geschaut hätten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Weiss-Rüthel kurz nach Wasserburg und wurde Ankläger der örtlichen Spruchkammer und Schriftführer beim wieder gegründeten Wasserburger Heimatverein. Er verstand sich gut mit dem Wasserburger Bürgermeister Josef Estermann und stand wohl politisch auch der KPD nahe.

Obermayr zitierte auch den aus Tötzham bei Babensham stammenden Vorsitzenden der Bayernpartei Jakob Fischbacher, der noch 1947 Eheschließungen von oberbayerischen Frauen mit „Preußen“ als „Blutschande“ bezeichnete.

Lang anhaltender Beifall krönte Vortrag und Lesung an diesem Abend. Es ist den beiden Vortragenden in äußerst beeindruckender Weise gelungen, das Leben und Wirken von Arnold Weiss-Rüthel den Zuhörern näher zu bringen. In gewisser Weise hat man in die Zeit vor 80 bis 90 Jahren ein wenig eintauchen können. Bewundernswert die außergewöhnliche Akribie und Ausdauer, mit der Obermayr recherchiert hat und auf diese Weise die ihm vorliegenden Quellen zu einem Bild von Arnold Weiss-Rüthel hat formen können, das das Verständnis auch für diese Zeit hat lebendig machen können.

Zum Abschluss lud der Vorsitzende des Heimatvereins, Matthias Haupt, noch zur nächsten Veranstaltung ein: 

Am 7. April um 19.30 Uhr wird es im Rahmen der Wasserburger Volksmusiktage im Gimplkeller eine Vortragsveranstaltung mit Musikbegleitung zu folgendem Thema geben: Dr. Michaela Breil vom Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg referiert zum Thema: „Das Dirndl in der Tracht – Dirndl für Wasserburg zwischen 1938 und 1980“.

 

PETER RINK